Die österreichische Strafjustiz ist tagtäglich mit einer Vielzahl an Anzeigen konfrontiert. Nicht jede davon ist wahrheitsgemäß – und das Gesetz schützt die Behörden vor unnötiger Belastung. Ein zentrales Instrument dafür ist § 298 StGB, der die Vortäuschung einer strafbaren Handlung unter Strafe stellt. In diesem Beitrag erkläre ich, wann dieses Delikt vorliegt, welche Konsequenzen drohen und wo die Grenzen der Strafbarkeit liegen.
Gesetzliche Grundlage: Was besagt § 298 StGB?
Nach § 298 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer einer Behörde oder einem zur Entgegennahme von Anzeigen befugten Beamten wissentlich vortäuscht, dass eine strafbare Handlung begangen wurde – sofern nicht der Tatbestand der Verleumdung (§ 297 StGB) erfüllt ist.
Strafdrohung:
➡️ Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder
➡️ Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen
Das Delikt soll verhindern, dass Strafverfolgungsbehörden durch falsche Anzeigen unnötig belastet werden.
Die Tatbestandsmerkmale des § 298 StGB
Objektiver Tatbestand
§ 298 StGB ist ein abstraktes Gefährdungsdelikt. Geschützt wird die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege, insbesondere die Arbeitskraft der Strafverfolgungsbehörden.
Wichtig ist: Schon die bloße Eignung, Ermittlungen auszulösen, genügt. Es ist nicht erforderlich, dass tatsächlich polizeiliche Schritte gesetzt werden.
Die Rechtsprechung stellt klar:
➡️ Bereits die Überprüfung der Glaubwürdigkeit einer Anzeige gilt als relevante behördliche Erhebung.
➡️ Es genügt daher, dass die Anzeige generell geeignet ist, Ermittlungen auszulösen.
Subjektiver Tatbestand
Der Täter muss wissentlich vortäuschen, also wissen, dass die angebliche Straftat nicht stattgefunden hat.Der Vorsatz muss sich nicht darauf erstrecken, tatsächlich Ermittlungen auszulösen.Und ebenso wenig müssen solche Ermittlungen tatsächlich stattfinden.
Grenzen der Strafbarkeit
Besteht nicht einmal die abstrakte Gefahr behördlicher Ermittlungen als Tatfolge (absurde Anzeigen), dann kommt eine Strafbarkeit wegen absoluter Täuschungsuntauglichkeit nicht in Betracht (teleologische Tatbestandsreduktion)(RIS-Justiz RS0095900).
Tätige Reue (§ 298 Abs. 2 StGB)
Nach § 298 Abs. 2 StGB ist nicht zu bestrafen, wer freiwillig bewirkt, dass die Tat keine behördliche Ermittlung zur Folge hat. Quelle: § 298 StGB
Das freiwillige Bewirken des Unterbleibens behördlicher Ermittlungen als Tatfolge führt zur Straflosigkeit (RIS-Justiz RS0095900).
Abgrenzung zur Verleumdung (§ 297 StGB)
§ 298 StGB ist subsidiär gegenüber der Verleumdung. § 297 StGB (Verleumdung) greift, wenn eine konkrete Person fälschlich einer Straftat beschuldigt wird. § 298 StGB betrifft Fälle, in denen keine bestimmte Person beschuldigt wird, sondern lediglich eine (nicht begangene) Straftat erfunden wird.