Die Rückfallsschärfung zählt zu den zentralen Instrumenten des österreichischen Strafrechts, um auf wiederholtes strafbares Verhalten konsequent zu reagieren. Sie ermöglicht unter bestimmten Voraussetzungen eine Erhöhung des gesetzlichen Strafrahmens und spiegelt den erhöhten staatlichen Präventionsbedarf gegenüber Wiederholungstätern wider.

Allgemeine Rückfallsschärfung

Nach § 39 Abs. 1 StGB liegt eine allgemeine Rückfallsschärfung vor, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Der Täter wurde bereits zweimal rechtskräftig zu Freiheitsstrafen verurteilt,
  2. die früheren Taten beruhen auf derselben schädlichen Neigung,
  3. die Strafen wurden zumindest teilweise verbüßt, und
  4. die neue Straftat wurde nach Vollendung des 19. Lebensjahres ebenfalls aus dieser schädlichen Neigung heraus begangen.

📌 Beispiel: Seriendiebstahl oder wiederholter Suchtmittelhandel durch dieselbe Person.

Besondere Rückfallsschärfung bei Gewalt- und Sexualdelikten

Eine spezielle Verschärfungsregelung sieht § 39 Abs. 1a StGB für Täter vor, die bereits zweimal wegen vorsätzlicher Delikte gegen Leib, Leben, Freiheit oder sexuelle Integrität verurteilt wurden. In diesem Fall genügt bereits eine weitere vorsätzliche Tat gegen eines dieser Rechtsgüter, um die Rückfallsschärfung auszulösen. Diese Regelung trägt dem besonderen Schutzbedürfnis von Opfern schwerer Gewalt- oder Sexualstraftaten Rechnung.

Rechtsfolgen der Rückfallsschärfung

Kommt es zur Anwendung der Rückfallsschärfung, so erhöht sich das gesetzliche Höchstmaß der angedrohten Freiheits- oder Geldstrafe um die Hälfte. Dabei gilt eine absolute Höchstgrenze von 20 Jahren bei zeitlichen Freiheitsstrafen.

📌 Beispiel: Beträgt die Strafdrohung im Ausgangstatbestand 10 Jahre, kann bei Rückfallsschärfung eine Strafe von bis zu 15 Jahren verhängt werden.

Rückfallsverjährung

Eine frühere Verurteilung bleibt außer Betracht, wenn:

  1. zwischen dem Ende des Strafvollzugs und der Begehung der neuen Tat mehr als 5 Jahre liegen,
  2. bei besonders schweren Delikten mit einer Mindeststrafe von 10 Jahren erhöht sich diese Frist auf 10 Jahre. Wichtig: Zeiten einer behördlichen Anhaltung (z. B. U-Haft, Schubhaft) werden nicht eingerechnet.

Bedeutung für die Strafzumessung

Die Anwendung des § 39 StGB verhindert nicht, dass frühere Verurteilungen zusätzlich als erschwerender Umstand gemäß § 33 Z 2 StGB berücksichtigt werden. Ein besonders rascher Rückfall – etwa kurze Zeit nach Entlassung – kann sogar gesondert erschwerend ins Gewicht fallen (RS0091749)

Ziel und kriminalpolitische Funktion

Die Rückfallsschärfung dient dem Zweck, Täter, die durch wiederholte Straftaten auffallen, durch eine erhöhte Strafandrohung von weiteren Delikten abzuhalten. Sie ist Ausdruck einer differenzierten General- und Spezialprävention:

  1. Generalprävention: Abschreckung potenzieller Täter
  2. Spezialprävention: Einflussnahme auf bereits verurteilte Personen, die sich als nicht strafempfindlich erwiesen haben

📌 Gesetzlicher Auftrag zur Strafzweckbestimmung: § 23 StGB